Kasseler Kunstverein // im Sternhochhaus // Untere Königsstraße 78-82 // 34117 Kassel // Telefon 0561 771169 // Fax 0561 779421 // info@kasselerkunstverein.de
Gleich zu Beginn der Ausstellung schimpft ein großer blauer Schriftzug 'Verdammte Drecksau'. Die zwei Worte sind seitenverkehrt in Silikonhaut eingelassen. Simone Westerwinter hat den gesamten Fußboden der großen Halle des Kunstvereins abgenommen, den so entstandenen Silikonlappen umgedreht und dann wieder ausgelegt. So passt er natürlich nicht mehr. Die Abformung wird selbst zur Skulptur, zum Original als Negativ. Simone Westerwinter (geboren 1960) und ihr Team haben außerdem mit dem Schauspieler Björn Koschmieder aus Berlin eine charmante Kunstfigur erschaffen, eine lebendige Skulptur, die den Ausstellungsbesucher in Gespräche verwickelt und den Aufenthalt versüßen soll- ein dialogisches Verwirrspiel von enttäuschten Erwartungen und verwunderten Antworten, die umgarnen und das eigene Involviertsein spüren lassen. Denn Björns Äußerungen sind Sätze aus Theater, Literatur und den Werbebroschüren der Sponsoren entliehen, seine Bräune erhält er von dem im Ausstellungsraum installierten Solarium- nichts scheint echt an ihm und doch ist er tatsächlich und real. „Wir sind immer schon involviert", sagt die Künstlerin und Bestandteil dessen, „was wir uns aneignen“. Sie macht uns zum „Silikonlappen zur Herstellung von möglicherweise verdammte Drecksau", wie sie die Serie von Abformungen nennt und wandelt uns zu semiotischen Material für ihre Formulierungen. Dieser Umgang mit einem Material, das sich selbst verleugnet, zeigt, wie sehr Simone Westerwinter die Verfahrens- und Denkweisen der Bildhauerei ihrer Arbeit zugrunde legt. Das gilt für den Umgang mit ihrem Team, das mit ihr die Projekte realisiert, ebenso, wie für die von ihr zur Vernissage eingeladene Polizei, die mit einer Hundertschaft uniformierter Kollegen freiwillig Wache schiebt. Sie wirft als negativ-positiv-Abformung der örtlichen Gegebenheiten und Institutionen eine ganz neue Frage nach musealem Raum und nach einer Neuformulierung der Bildhauerei auf, über die man hier im wahrsten Sinne des Wortes stolpern kann.
Ingrid Calame / Dominique Figarella / Urs Frei / Pia Fries /
Herbert Hamak / Mary Heilmann / Fabian Marcaccio /
Ingo Meller / Olivier Mosset / Carl Ostendarp /
Steven Parrino / David Reed / Adrian Schiess /
Jessica Stockholder / Günter Umberg /
Elisabeth Vary / Andy Warhol / Rémy Zaugg
Rolf Ricke begann in den frühen 60er Jahren seine Galerietätigkeit in Kassel mit frühen Ausstellungen von u.a. Andy Warhol und Mel Ramos. Hiermit erwarb er sich zunächst den Ruf als "Pop-Art-Galerist". Zeitgleich mit dem zweiten Kölner Kunstmarkt ging die Galerie Ricke drei Jahre später in die sich gerade konstituierende Kunstmetropole Köln. Nun kehrt nach mehr als 30 Jahren der inzwischen außerordentlich renommierte und immer noch antizyklisch arbeitende Galerist auf Einladung des Kunstvereins zurück, um einmal in die Rolle des Kurators zu schlüpfen und vom Galerieprogramm Ricke unabhängig seine Sicht vorzustellen.
Ricke beschäftigt sich mit dem häufig beschworenen "Ende der Malerei": Lebendige Malerei in all ihren neuen und alten Spielformen ist das Thema. So überrascht Rolf Ricke damals wie heute mit einem Konzept abseits des Trends: Der Titel "special offer" ist als Hommage an Andy Warhol zu verstehen. Den Ausgangspunkt für heutige Wagnisse neuer Malereikonzepte bilden zwei großformatige spätere Arbeiten dieses inzwischen kunstgeschichtlich legitimierten Großmeisters der Moderne. In der Ausstellung entwickelt sich ein Dialog zwischen Arbeiten bereits etablierter Künstler und den noch zu entdeckenden.
Franz Ackermann (geboren 1963) bereist für seine Kunst die Welt. Er besucht den Pazifik, Süd- und Nordamerika, durchreist Europa und Asien. Dabei entstehen Arbeiten auf Papier, die wie ein Tagebuch Erinnerungen an den Rhythmus und die Stimmung der jeweiligen Orte aufzeichnen. Zuhause, in seinem Berliner Atelier, werden aus diesen Skizzen großformatige Bilder. In der Transformation entstehen komplexe malerische Diskussionen über die sich überlagernden Aspekte des erlebten und untersuchten Ortes. Allerdings - darin ist Franz Ackermann ein typischer Vertreter der Künstlergeneration der 90er Jahre - verweigern die Bilder in ihrer grellen Farbigkeit, den ständigen Perspektivwechseln, der wüsten Mixtur von kartographischen Partien, naiv abgebildeten Architekturfragmenten und wie in Vexierspiegeln explodierenden Blütenornamenten jede ordnende Übersicht. Franz Ackermann erweitert diese Arbeiten im Ausstellungsraum, indem er sie an der Wand fortsetzt, durch Fotografien und Objekte, Texte und Slogans ergänzt, so dass ein Diskussions- und Erlebnisraum entsteht, in dem sich der Betrachter bewegt wie in einem Messeinformationsstand. Ackermann wird seine Kasseler Ausstellung zu großen Teilen erst vor Ort entstehen lassen. Der Kunstverein wird zu seinem Atelier. Der umfassenden Installation gibt er den Titel 'Off'. Dieser Begriff aus der Filmsprache meint die Informationen (Texte, Geräusche, Musik), die über ein Bild gelegt werden, ohne in diesem selbst sichtbar verursacht worden zu sein. Und so hat der Hurrikan 'Mitch', ein Motiv der Kasseler Installation, die Traumlandschaften des Pazifik verwandelt und gezeigt, wie aus dem fröhlich ausgelassenen Tourismus schnell ein Terrorismus für die dort lebenden Menschen, deren Kultur und Landschaft werden kann.
Roland Geissel (geboren 1965) lebt und arbeitet in Berlin und ist eher ein stiller Künstler, der sich nicht auf 'die Welt', sondern auf das Material und die Form der Kunst bezieht. In seinem Atelier erforscht er Maltechniken, entwickelt neue oder entdeckt alte, fast vergessene für sich neu.
Ausgangspunkt der im Kasseler Kunstverein gezeigten Werkreihe Melusine bilden Objekte aus Vollholzblöcken, die in drei Schichten – Ölfarbe/Wachs/Ölfarbe – mit der schon in der Antike bekannten Enkaustik-Technik bearbeitet sind. Über die Komposition von Farbflächen in einem Raster entsteht ein Spannungsfeld zwischen malerischem Farbklang auf der Oberfläche und dessen räumlicher Wirkung auf dem dreidimensionalen Träger. Eine zweite Werkgruppe sind großformatige Arbeiten aus aufgespannten Kohlesäcken, die ebenfalls mit Öl und Wachs bearbeitet wurden. Beide Werkgruppen konfrontiert Roland Geissel mit Zeichnungen, die mit aufmerksamem Blick Details seiner Umgebung reflektieren.
Yana Milev / Thomas Bayrle /
Michael Vorfeld und Martin Spangenberg /
Vollrad Kutscher und Susanne Bosch /
Sandra Schäfer / Tae-Jun Kim
Während dieses 4-tägigen Veranstaltungszyklus wird jeden Morgen um 10 Uhr eine Ausstellung eröffnet und mit einer Abendveranstaltung mit den Künstlern bis 24 Uhr begleitet. Wie ein roter Faden ziehen sich Fragen durch das Veranstaltungsprogramm: Wie macht der Künstler die Kunst, was ist ihre gedankliche Struktur und ihre spezifische Wahrnehmung? Und was macht sie mit der Macht, die ihr daraus entsteht?
Yana Milev: Resonanzarchitektur - über den distanzlosen Zwischenraum
Pinboard-Installation, Vortrags-Performance.
Thomas Bayrle: Animation - Film und Videoanimationen.
Holger Kube Ventura: „Die Beantwortung der Frage: Was ist politische Kunst'?"
Michael Vorfeld/Martin Speicher: Euler Variationen - Musik und Licht Performance.
Vollrad Kutscher / Susanne Bosch: Stammhaus der Gesellschaft zur Verwertung und Erhaltung der Idee des Pfennigs & Restpfennigaktion. Multimedia-Installation. Gespräch über die große KonFusion der G.V.E.I.P. und R.Pf.A.. Ersatz-Roulette-Nacht mit der Gesellschaft zur Verwertung und Erhaltung der Idee des Pfennigs. Die Besucher sind eingeladen, an einem originalen Roulette-Tisch mitzuspielen. Einsatz in Pfennigen.
Bittermann & Duka (Berlin) / Mark Dion (New York) /
Anna Gudjónsdóttir (Hamburg) / Florian Hüttner (Hamburg) /
Till Krause (Hamburg) / Dan Petermann (Chicago)
Diese Gruppenausstellung ist die parallele Station eines Ausstellungskonzeptes, das in Kooperation mit dem Museum Ferner Gegenden e.V. und der Galerie für Landschaftskunst (Hamburg) realisiert wird. Auf der süddänischen Insel Falster befindet sich ein privater Park, in dem die beteiligten KünstlerInnen zukünftig unterschiedliche Projekte realisieren werden. Diesem Projekt gaben die KünstlerInnen den Namen „Falster Versuchsgelände". Im Kasseler Kunstverein ist vorab eine Ausstellung mit gleichem Titel zu sehen, in der die KünstlerInnen ihre Forschungen und Projektassoziationen in Form unterschiedlicher Modelle und konzeptioneller Elemente zu einem Parcours zusammenstellen. In der laborhaften Atmosphäre des Kasseler Kunstvereins werden verschiedene Perspektiven zum Thema 'natürliche Künstlichkeit' und 'künstliche Natur' simuliert und reflektiert.
Christina Clar / Mia Best & Allan Dorr / Fleiter /
Wiebke Grösch & Frank Metzger / Hysteria inc. / Sven Kalden / Dagmar Keller & Martin Wittwer / Aurelia Mihai / Ricarda Wallhäuser / Uli Wilkes
'MONITORING' ist eine eine Ausstellung mit Video- u. Medieninstallationen im Rahmen des 16. Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes in Zusammenarbeit mit dem Filmladen e. V. In diesem Jahr sind junge Künstlerinnen und Künstler zu 'MONITORING' eingeladen, die interessante Raumkonzepte in ihren Videoarbeiten und Videoinstallationen vorstellen.
Der Kasseler Kunstverein zeigt zum Jahrtausendwechsel die kongenialen Bilder zu Dantes gewaltigen Epos 'Göttlicher Komödie'. Auf Formaten, die die üblichen Dimensionen von Zeichnungen weit hinter sich lassen, bevölkert Buchleiter die trichterförmige Hölle mit Ihrem Bestiarium und dem vielhundertfachköpfigen Personal der Sünder. Der Kasseler Kunstverein ehrt den 1929 geborenen universellen Künstler und einflussreichen Lehrer der Kasseler Kunsthochschule mit dieser Ausstellung.