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Der Kasseler Kunstverein, wieder zurück im Fridericianum in seinen neu gestalteten Räumen, startet sein Programm nach der D11 mit einer Hommage an die Künstlerinnen und Künstler, die Kassel in aller Welt so berühmt gemacht haben. 'Jagdszenen – KünstlerInnenPorträts aus 25 Jahren' ist die Ausstellung des Kasseler Fotografen Dieter Schwerdtle überschrieben, der damit zum ersten Mal Einblick in sein umfangreiches Archiv gibt. Es sind wohlklingende Namen, ein ganzes Alphabet, von A wie Anatol über
M wie Gerhard Merz und N wie Nannucci, von R wie Gerhard Richter und S wie Lorna Simpson, bis hin zu W wie Franz West, Y wie Penny Yassour und Z wie Andrea Zittel.
Dieter Schwerdtle ist seit 1977, der d6 also, mit seiner Kamera auf der documenta unterwegs und hat die Ausstellungen u.a. für das Kunstforum dokumentiert. Dort beobachtete er die KünstlerInnen beim Aufbau ihrer Arbeiten oder holte sie zum Porträt heraus. Umfangreiche Serien sind so entstanden.
Dieter Schwerdtle schreibt aber auch seit 25 Jahren die fotografische Chronik des Kasseler Kunstvereins, er ist das Archiv. Nicht zuletzt ist Dieter Schwerdtle ein intimer Kenner der Kasseler Ateliers, der inzwischen alten Szene wie der jüngsten und hat mit seinen Porträtsituationen ein Stück Kasseler Kulturgeschichte dokumentiert.
Ein zweiter Schwerpunkt in der Ausstellung bildet die Dokumentation von Performances. Dabei spielt Joseph Beuys mit seinem intensiven Auftreten in Kassel eine besondere Rolle. Dieter Schwerdtle fotografierte ihn erstmals 1977 mit seiner Honigpumpe im Fridericianum und fortan bei all seinen Aktionen in der Stadt, z.B. den Pflanzungen der 7000 Eichen, der Gründung der FWU und dem Einschmelzen der Zarenkrone. Aber auch viele andere KünstlerInnen hat er in Aktion festgehalten: Lilli Fischer, Marina Abramovic/Ulay, Klaus Rinke, u.v.a.m. Nicht zuletzt bilden Performances im Kasseler Kunstverein ein großes Konvolut, z.B. die Fluxus-Aktionen, die Jürgen Olbrich organisiert hat, mit Allen Kaprow, Emmet Williams, Norbert Klassen, u.a.
Im kleinen Kabinett schließlich werden Plakate, Publikationen und Zeitschriften zu sehen sein, an denen Dieter Schwerdtle mitgewirkt hat – auch ein kleiner Spiegel der Kulturgeschichte Kassels.
Dieter Schwerdtle, 1952 in Kassel geboren, studierte Kunsterziehung an der HfbK Kassel, vertiefte dann seinen fotografischen Schwerpunkt durch ein Studium bei Prof. Floris Neusüss. Seit seinem Abschluss 1976 arbeitet er als freier Fotograf. Gegen den experimentellen, künstlerischen Schwerpunkt an der Kunsthochschule setzte sich von Anfang an sein fotojournalistisches Interesse durch. Als Lehrer dafür hatte er nur die Geschichte des Fotojournalismus – und nicht zuletzt die politischen Ereignisse um ihn herum. Schwerdtle ist es wichtiger, die Realität zu fassen als eine autonome fotografische Wirklichkeit zu setzen. Er will dokumentieren, nicht kommentieren. Und er hat außerordentliche Fähigkeiten entwickelt, aus dem Leben heraus zu fotografieren. Selbst in expliziten Porträtsituationen sind die KünstlerInnen bei sich, er lässt sie machen und 'hält drauf'. Das hat ihn weit über Kassel hinaus bekannt gemacht. Jagdszenen ist deshalb ein passender Überbegriff für die Profession dieses Fotografen, vor Ort und bei den Personen zu sein.
Christine Biehler / Rudolf Herz / Jürgen O. Olbrich / Benjamin Patterson / Veronika Veith / Tom Wood / Peter Zimmermann
'ZIPP' heißt die Programmfolge, die der Kasseler Kunstverein im documenta-Jahr zeigt. ZIPP, als Reihe von acht Einzelausstellungen, funktioniert wie ein Reißverschluss: Zwei Künstler, Jürgen O. Olbrich und Olav Westphalen, beginnen gemeinsam. Bereits nach drei Wochen wird Olbrich durch einen dritten, Ben Patterson, abgelöst, während die zweite Ausstellung, Westphalen, noch drei weitere Wochen zu sehen ist. Ihre Ablösung durch eine nächste Künstlerin, Veronika Veit, findet dann in der Ausstellung von Ben Patterson statt. So überschneiden sich in der weiteren Folge Rudolf Herz und Peter Zimmermann, dieser mit Christine Biehler, sie mit Tom Wood, der schließlich für eine kurze Zeit noch einmal Jürgen O.Olbrich als Partner hat. So schließt sich der Reißverschluss.
Die Methode ist ungewöhnlich, aber allein nicht interessant genug. Erst wenn die künstlerischen Interessen jeweils andere sind, die Generationen wechseln, wenn auch die inhaltlichen Schwerpunkte der Beteiligten ein tatsächliches Gegenüber haben, versetzte Bezüge oder Konfrontationen hergestellt werden, wenn schließlich über das, was Kunst ist oder kann, unterschiedliche Vorstellungen erkennbar werden, dann lohnt sich der und das ZIPP.