Kasseler Kunstverein // im Sternhochhaus // Untere Königsstraße 78-82 // 34117 Kassel // Telefon 0561 771169 // Fax 0561 779421 // info@kasselerkunstverein.de
Pablo Alonso / Conny Bosch / Siegfried Böttcher /
Heidrun Gartenschläger / Axel Kretschmer /
Carmen Mörsch / Ulrike Müller / Jens Nagels / Ralf Peters,
Thorsten Streichardt / Andreas Tschernoch / Michael Vorfeld
'Einsehen' ist eine Ausstellung, die nur von außen zu betrachten ist. Zwölf Künstlerinnen und Künstler sind eingeladen, die Fenster der Kunstvereinsräume im Fridericianum, das wegen des documenta-Rückbaues noch nicht zu betreten ist, zu ihre Arbeitsfläche und zu ihrem Thema zu machen.
Im Kasseler Kunstverein präsentiert Daniel Spoerri (geboren 1930) mit 26 großformatigen Arbeiten aus seinem Zyklus 'Karneval der Tiere' eine raumgreifende Installation. Darüber hinaus sind Beispiele seiner Auflagenedition MAT (Multiplication d'Art Transformable), die er 1959 als Kunstform begründete, zu sehen. Daniel Spoerri zeigt Teile seines Werkzyklus erstmals in dieser Ausstellung.
Bianca Decker / Maike Biederstädt / Susanne Bierwirth /
Barbara Bux / Mi-Young Choi / Martin Dege /
Tatiana Echeveri-Fernandez / Jele Fastus /
Martina Fischer / Marion Garz / Peter Goettler /
Monika Götz / Thorsten Gröger / Christiane Hause /
Klaus Hollenbeck / Uli Hrasky / Tae-Jun Kim /
Thomas Kujat / Holger Langer / Urs Lüthi /
Michaela Meise / Patricia Meisenheimer /
Silvia Möller / Jens Nedowlatschil / Judith Nopper /
Jan Martin Nürnberg / Kathrin Rabenort /
Ilka Schröder / Daniel Schulz / Eva Tenschert /
Olaf Val / Carola Wechler / Moritz Wiedemann /
Jeannette von Wolff und Horst Jonescu / Lena Ziese
Auf dem vergangenen 'Rundgang' der Kunsthochschule Kassel zeigte das Atelier von Urs Lüthi mit Abstand die interessanteste Ausstellung, weil es der Klasse gelungen war, all ihre Arbeiten in einer Art 'Tapete' zu einem umfassenden Environment zusammenzufügen, ohne dadurch dekorativ oder bloß spektakulär zu sein. Im Gegenteil, sie betonten damit ihr komplexes Spektrum an Themen, das sich nicht nur aus der persönlichen Wahrnehmung und Empfindung speist, sondern sich auch deutlich auf gesellschaftliche Wirklichkeit und deren Problemstellungen bezieht. Die Klasse Urs Lüthi hat zur Zeit 37 Studentinnen und Studenten. Es gibt für diese Klasse kein stilistisches oder inhaltliches Erkennungszeichen, wie man das von klassischen Akademien kennt, denn Urs Lüthi lehnt jedes Epigonentum radikal ab. Das Ziel der Ausbildung ist nicht ein marktgerechter Stil, sondern eine authentische Haltung, reflektierte künstlerische Standpunkte und professionelles Arbeiten.
Die Reihe 'Kasseler Zeitzeugen der Kunst' versucht, den Blick und die Diskussion auf die Entwicklung der Kunst und den Kunstbegriff (auch) in der jüngsten Vergangenheit zu lenken. Der Kasseler Kunstverein zeigt einen Teil des graphisches Werks des Kunshistorikers Werner Doede (geboren 1904), der bis 1974 an der Kunsthochschule Kassel lehrte. Neben seinem umfangreichen kunstwissenschaftlichen Werk, hat sich Doede auch künstlerisch kontinuierlich mit Themen auseinandergesetzt und trotz der Nähe zum Bauhaus ein konsequentes und eigenständiges Werk geschaffen.
Malerei versteht Stephan Jung (geboren 1964) zuerst einmal als ein bloßes „Verteilen von Farbe auf einer Fläche“. Den Anlass dazu geben fotografische Vorlagen, die Jung aus Printmedien entnimmt oder selbst herstellt und lediglich in Details stark vergrößert. Diese Vorlagen überträgt Stephan Jung in neu variierter Farbigkeit auf seine Leinwände. Dabei entstehen ephemere, flüssig gewordene und oft lichtdurchflutet wirkende Formen und Konfigurationen, deren ursprüngliche Herkunft aus der präzisen ausgeleuchteten Werbefotografie zwar noch erahnbar, deren Kontext jedoch nicht mehr lesbar ist. Durch die in der malerischen Vergrößerung entstehende Unschärfe, erreichen die Bildsujets eine eigene abstrakte Qualität. Und doch sind sie weder abstrakt noch realistisch, weder Bilderfindungen, noch Abbildungen. Ein passender Betrachtungsabstand zu Stephan Jungs Bildern lässt sich nicht mehr recht einnehmen. Das Lesen der Gegenstandsbezüge wird im sfumato der nun zu Formen gewordenen Spitzlichter auf sich selbst zurückgeworfen. Jede Festigkeit der Sujets scheint aufgelöst, jedes Hinschauen verläuft. Trotz der optischen Attraktivität, die die Aufmerksamkeit bannt, scheint ihre Präsenz zweifelhaft.
Blasphemisch und mit Ironie formuliert der Berliner Künstler Anton Henning (geboren 1964) seine Themen: den Akt zwischen Lust und Schaulust, zwischen Mode, Sex und privater wie öffentlicher Prostitution, die Landschaft als noch vorhandene Natur oder Sehnsuchtsmotiv, die Kunstgeschichte als Vorschlag, die abstrakte Kunst als Spielfeld des Denkens und der Sinne.
In erster Linie sieht sich Anton Henning als Maler, arbeitet aber längst mit Fotografie, Video, Musik, skulpturalen Objekten und Rauminstallationen. In der umfassenden Ausstellung sind mehrere Werkkomplexe vertreten, die sich als 'thematische Blöcke' darstellen: So sind unter anderem eine Reihe seiner 'Streifenbilder', eine 'Frauen-Anordnung' und die neueste Serie 'Jazzbilder' zu sehen. In einer sogenannten eleganten Hängung sind unterschiedliche Bildsujets kombiniert und inszeniert, wobei die einzelnen Bilder hier durch ihre gestreute Präsentationsform eine Auflösung der vorangegangenen Blöcke ergeben. Diese traditionelle Hängung wird um ein Objekt ergänzt. Ein weiterer Zyklus sind die 'Courbet-Bilder', die in einer für Henning typischen Weise eine zur Kunstgeschichte gewordenen Situation nicht nur zitieren, sondern zu neuen malerischen Formen und Inhalten bringen.
Höhepunkt der Ausstellung ist die Lounge, die Anton Henning einrichtet und 'Marker Melody Maker's Lounge' nennt. Der Betrachter wird zum Mitspieler und Adressat der ironischen Selbstinszenierungen. Die gesamte Ausstellung scheint über sich zu lächeln, indem sie ihre Themen, Medien und Präsentationsformen immer wieder ironisch reflektiert: 'Too much of a good thing...'.
Der Kasseler Kunstverein eröffnet mit neuen Arbeiten von Marlene Dumas und Andries Botha die Reihe 'Damenwahl', die von verschiedenen Kulturinstitutionen in Kooperation mit dem Siemens Kulturprogramm entwickelt und an unterschiedlichen Orten realisiert wird. Eine Künstlerin wählt hierzu einen Künstler aus, mit dem sie gemeinsam ein Projekt für eine Ausstellung entwickelt. Die Wahl des Kasseler Kunstvereins fiel auf die in Südafrika geborene und in den Niederlanden lebende, international bekannte documenta-Künstlerin Marlene Dumas. Ihr Ausstellungspartner ist der Südafrikaner Andries Botha. Das Projekt mit Marlene Dumas ist für ihn die erste Ausstellung in Deutschland .
Für Marlene Dumas ist die Entscheidung für ihren Ausstellungspartner sowohl eine künstlerische als auch eine politische Entscheidung. Dumas' und Bothas künstlerische Gemeinsamkeiten ergeben sich nicht nur aus dem biographischen Hintergrund, sondern vor allem aus einem immer wieder neuen und altbekannten Thema, das in den Arbeiten beider eine wiederkehrende Konstante ist: Liebe, Erotik und auch Pornographie.
Im vollkommen abgedunkelten Raum des Kasseler Kunstvereins zeigt die 1997 mit dem Transmedia-Festival-Preis in Berlin ausgezeichntete Künstlerin Rotraut Pape drei Installationen.
'Real Virtuality' nennt Rotraut Pape (geboren 1956) ihre Ausstellung und diese Umkehrung des Zauberwortes der computergenerierten Spiel- und Unterhaltungswelt, ist Programm und kritische Intervention zugleich. Es geht um die Allmacht des Menschen, sich die Welt erklärend neu zu erfinden, mit ihr wie ein göttlicher Zauberer zu spielen. Aus der biblischen Geschichte leiht sie sich die Titel und Mythen ihrer Inszenierungen, aus dem Technologiepark der Medizin, der Genbiologie, des Mediendesign und des Animationsfilms die Mittel. So mutet die erste Installation an wie die Produktpräsentation auf dem Messestand einer Gentechnikfirma, die zweite wie ein ferngesteuerter medizinischer Untersuchungsraum und die dritte schließlich wie die spiritistische Sitzung von Probanden, die bereits selbst hinübergegangen sind in den digitalen Zustand.