Caring in Times of Continuous Crisis (Part I)
26. August – 15. Oktober 2023

 

Feministische Gesundheitsrecherchegruppe
Formate des Dialogs
Luiza Prado de Oliveira Martins

 

Caring in Times of Continuous Crisis ist ein Ausstellungs- und Forschungsprojekt des Kasseler Kunstvereins, das Fürsorge als Arbeit, als Konzept und als transformative Kraft untersucht. Nach einer Phase der Unterbrechung und Unsicherheit durch die Corona-Pandemie widmen wir uns diesem allgegenwärtigen aber kontinuierlich abgewerteten Thema mit einer mehrteiligen Ausstellungsreihe.

Caring in Times of Continuous Crisis untersucht die sozialen Strukturen und Hierarchien, in die Fürsorge eingebettet ist: Wie ist Fürsorge mit globalen und lokalen Machtstrukturen verbunden? Wie sind Ökonomie, Ökologie und soziale Teilhabe miteinander verwoben? Wie kann Fürsorge jenseits von menschenzentrierten, heteronormativen, kapitalistischen und eurozentrischen Strukturen organisiert werden?

Vom 25. August bis zum 16. Oktober 2023 ist Part I der Ausstellungsreihe im Kasseler Kunstverein zu sehen. Die Arbeiten und Veranstaltungen von Feministische Gesundheitsrecherchegruppe (Julia Bonn/Inga Zimprich), Formate des Dialogs und Luiza Prado de Oliveira Martins ergeben ein Netz aus Perspektiven, Lücken und Verbindungen - einen Lernort, an dem die eigene Einbettung in Machtstrukturen reflektiert und Handlungsmöglichkeiten erarbeitet und erprobt werden können.

Während des Ausstellungszeitraums wird eine wachsende Bibliothek im Ausstellungsraum eingerichtet, in der Texte, Spiele und andere Bezüge zum Thema Fürsorge gesammelt und zugänglich gemacht werden.

AUSSTELLUNGSTEXT IN LEICHTER SPRACHE

VERANSTALTUNGEN
Workshop Caring Hands

Die Ausstellung „Caring in Times of Continuous Crisis“ beschäftigt sich auf theoretischer, forschender, fragender und aktivistischer Ebene mit dem Thema „Care/Fürsorge“. Ergänzend dazu werden drei Workshops Raum für eine künstlerisch-praktische Auseinandersetzung bieten. Hände pflegen, schützen, protestieren, sprechen. Sie stricken Schals, sie stopfen unsere Socken, sie nähen Patches auf Risse in Hosen. Handarbeit ist Care-Arbeit und soziale Praxis.

Für jeweils 2h kommen wir zusammen und gestalten unsere eigenen pflegenden, helfenden und schützenden Hände. Die Stoff-Hände können z.B. Kuscheltier oder Kirschkernkissen werden. Es soll ein Raum des Austauschs entstehen.
Mi, 06.09. 16:00-18:00
Sa, 09.09. 12:00-14:00
Mi, 13.09. 16:00-18:00

Teilnahme und Material: kostenlos
Anmeldung unter: info[at]kasselerkunstverein.de (bitte Alter angeben)
max. Teilnehmerzahl 10
Geeignet für: Kinder, Jugendliche, Erwachsene
Eigene Handarbeitsprojekte oder -materialien können gerne mitgebracht werden.
 

ÖFFNUNGSZEITEN
Di – So und feiertags von 11 – 18 Uhr
Do 11 – 20 Uhr

 

Formate des Dialogs ist ein freies Recherche- und Designkollektiv, bestehend aus den drei Kommunikationsdesignerinnen Luise Menz, Lena Würsching und Sophie Pischel. Sie beschäftigen sich mit prekären Gegebenheiten im deutschen Gesundheitssystem und setzen dabei Schwerpunkte auf Aspekte der Zugänglichkeit zu medizinischer Versorgung und Beratung sowie gesellschaftliche und politische Teilhabe. Das Ziel ist es, vielfältige Bedürfnisse und Hindernisse kritisch zu thematisieren und den Austausch zwischen Betroffenen, Akteur*innen und der Öffentlichkeit zu fördern.

Formate des Dialogs setzt sich mit der Arbeit Wenn du an das Thema Gesundheit denkst, was fällt dir ein mit dem Status Quo von Menschen mit Flucht- und/oder Migrationserfahrung im deutschen Gesundheitssystem auseinander und entwickeln ein ortspezifisches Projekt. Teile des fortlaufenden Prozesses werden im Kunstverein sichtbar.

 

Die Feministische Gesundheitsrecherchegruppe zeigt die Arbeit Die Neue Gesundheitsbewegung, die gemeinsam mit Alina Buchberger, Huong Nam Ngyuen Thi, Pasquale Virginie Rotter und Kim Wichera erarbeitet wurde. Das Projekt Die Neue Gesundheitsbewegung sammelt Forderungen an das Gesundheitssystem in Deutschland.

Die Künstlerin, Aktivistin und Forscherin Luiza Prado De Oliveira Martins erforscht in ihrer Arbeit Beziehungen zwischen Lebensmitteln, Infrastrukturen und Technologie und stellt die Frage, welche Strukturen und Prozesse für kollektive Belange der Fürsorge erforderlich sind.


Die ausstellenden Künstler*innen und Gruppen knüpfen an partizipative, queere, antikoloniale und posthumanistische Traditionen an und zeigen solidarische Wege des füreinander Sorgens und miteinander Lebens auf. Sie thematisieren gesellschaftliche Strukturen und Hierarchien, in die Fürsorge eingebettet ist.
 
Der Kunstverein wird zum Raum für Auseinandersetzung, zum Ruheraum, zum Diskursraum: Was machen Krisen mit uns? Wie verhalten wir uns in und mit ihnen? Welchen Raum nehmen dabei Institutionen wie der Kunstverein dabei ein? Welchen Raum können wir öffnen? Welche Krisen und Konflikte sind uns inhärent?

Die Ausstellung wird gefördert vom Kulturamt der Stadt Kassel und superkolor.

 

 

 

 

 

 

Spendenaufruf zur Umsetzung des Kunstwerks

86° (WALTER HALIT)
Natascha Sadr Haghighian

 

Nach einer Idee aus dem Kreis der Mitarbeitenden des Regierungspräsidiums Kassel wurde ein Wettbewerb für ein Kunstwerk in Gedenken an den ermordeten Regierungspräsidenten Walter Lübcke ausgelobt. Sechs Künstler*innen wurden aufgefordert, Entwürfe einzureichen für ein Kunstwerk, das offensiv die Ermutigung und Forderung formulieren soll, für Werte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine offene Gesellschaft einzustehen. Nach eingehender Begutachtung und Diskussion der Entwürfe kam die hochkarätig besetzte Fachjury im Spätherbst 2021 zu dem Entschluss, den Entwurf der Künstlerin Natascha Sadr Haghighian zur Realisierung am Regierungspräsidium Kassel vorzuschlagen.

Ihr Entwurf war im November 2021 zusammen mit den anderen Wettbewerbsbeiträgen im Kasseler Kunstverein zu sehen. Ausgangspunkt ist die Feststellung der Künstlerin, dass sie nicht Walter sagen kann, ohne Halit zu sagen. Dem antirassistischen Motto „say their names“ (sagt ihre Namen) folgend, verbindet der Entwurf die Namen zweier Opfer rechter Gewalt in Kassel. Halit Yozgat wurde 2006 vom rechten Terrornetzwerk NSU ermordet. Der Kasseler Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke wurde 2019 von einem Neonazi ermordet.

Realisiert werden soll eine weithin sichtbare Lichtskulptur mit den beiden Namen „Walter“ und „Halit“ auf dem Dach des Regierungspräsidiums Kassel. Die Skulptur weist gleich einem Kompass zu den beiden Orten, an denen Walter Lübcke und Halit Yozgat jeweils gelebt hatten und an denen sie ermordet wurden. Die Installation wird von einer Webseite und einem Podcast begleitet. 

Die Realisierung des Kunstwerks wird über Spenden finanziert, die die Bürgerstiftung für die Stadt und den Landkreis Kassel treuhänderisch für den Kasseler Kunstverein als Auftraggeber des Kunstwerks sammelt. Trotz der bisher erfreulich hohen Spendenbereitschaft Kasseler Bürger*innen und Unternehmen werden zum Erreichen des notwendigen Gesamtbudgets von 150.000€ noch Spenden in Höhe von rund 50.000€ benötigt.
Der Kasseler Kunstverein hat eine lange Tradition bürgerlichen Engagements seiner Mitglieder, er hat in seiner Geschichte immer Verantwortung im Sinne einer demokratischen Stadtgesellschaft übernommen und sich für Projekte politischer Partizipation eingesetzt. Deshalb möchten wir auch diesmal sehr deutlich sichtbar Position beziehen, uns für die Realisierung dieses besonderen Kunstwerks einsetzen und zu Spenden aufrufen.

Halit Yozgat und Walter Lübcke dürfen nicht vergessen werden.

Bitte spenden Sie für die Umsetzung des Kunstwerks.

Sollte mehr Geld zusammenkommen als für das Kunstwerk benötigt, wird dieses hälftig an das Bündnis „Offen für Vielfalt – geschlossen gegen Ausgrenzung“ und das „Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus und Rassismus – für demokratische Kultur in Hessen e.V.“, das den Walter-Lübcke-Demokratie-Preis 2020 erhalten hat, gehen.

Spenden können auf folgendes Konto eingezahlt werden:
Bürgerstiftung für die Stadt Kassel und den Landkreis Kassel
IBAN: DE94 5205 0353 0001 3141 51
BIC: HELADEF1KAS
Verwendungszweck: Spende Kunstwerk

Für Spenden bis 300 Euro genügt der Kontoauszug als Nachweis gegenüber dem Finanzamt. Bei größeren Spenden geben Sie bitte im Verwendungszweck Ihre Anschrift an, dann erhalten Sie eine Spendenbescheinigung.
 

Statement von Natascha Sadr Haghighian anlässlich der Entscheidung der Jury über die Ausschreibung für ein Kunstwerk zum Gedenken an Walter Lübcke am Regierungspräsidium Kassel:


„Ich freue mich sehr über die Entscheidung der Jury und bin gespannt auf den Prozess der Umsetzung von 86° (WALTER HALIT) auf dem Dach des Regierungspräsidiums, begleitet von einem Vermittlungsteil. Seit der documenta 13 verbindet mich eine kontinuierliche Auseinandersetzung und inzwischen auch tiefe Freundschaft mit der Stadt. Ich habe Kassel als eine postmigrantische, vielschichtige Stadt kennengelernt, in der Geschichte auf vielerlei Weise spürbar ist.
Von Kassel lernen, heißt den Brüchen und Kontinuitäten der Stadt zuzuhören und sich den Dringlichkeiten zuzuwenden, die daraus hervorgehen. Rechte Strukturen und rechte Gewalt stellen über Kassel hinaus eine erschreckende Kontinuität dar und dies in die Sichtbarkeit zu holen, kann nur ein erster Schritt sein.
Meine Gedanken sind in diesem Moment vor allem bei den Familien und Freunden der Opfer rechter Gewalt. Im Besonderen denke ich an Familie Lübcke und an Familie Yozgat, die Unfassbares erleiden mussten. Meine Gedanken sind auch bei Ahmed I. der noch heute unter den Folgen des rassistischen Angriffs leidet, dem er 2016 zum Opfer fiel. Walter und Halit sind Teil von uns, sowie Mercedes, Kaloyan, Said Nesar, Sedat, Fatih, Vili Viorel, Hamza, Ferhat, Gökhan, Enver, Abdurrahim, Süleyman, Habil, Mehmet, Ismail, Theodoros, Mehmet, Gürsün, Hatice, Gülüstan, Hülya, Saime, Oury, Ahmad und die vielen anderen für immer untrennbar Teil von uns sind. Erst wenn wir das verstehen, können wir rechten Terror stoppen.
Um es mit den Worten von Halit Yozgat’s Vater zu sagen: „Es darf keine weiteren Halits geben“ und heute müssen wir traurigerweise ergänzen: „es darf keine weiteren Walters geben“. Niemand darf seinen Vater, Sohn, Tochter, Partner, Bruder, Schwester, Freund verlieren, weil rechte Strukturen nicht klar und entschieden bekämpft werden. Sorgen wir dafür!“
Natascha Sadr Haghighian

Entwurf 86° (WALTER HALİT) Natascha Sadr Haghighian

 

 

 

Keine Nachrichten verfügbar.